Der Telegram-Messenger gilt als sichere und harmlose WhatsApp-Alternative. Allerdings tummeln sich dort Drogenhändler, Raubkopierer und andere Kriminelle.
WhatsApp ist mit Abstand die Nummer Eins in Deutschlands. 58 Millionen Menschen nutzen täglich den Messenger. Durch die Facebook-Übernahme ist WhatsApp allerdings unter Druck geraten, viele stören sich an mangelndem Datenschutz und Sicherheitslücken – und suchen nach Ausweichmöglichkeiten. Zu den beliebtesten Alternativen zählt der Messenger Telegram. Allein in Deutschland zählt der Dienst knapp 8 Millionen Nutzer. Doch nicht nur sicherheitsbewusste Anwender, die sowieso schon auf Dinge wie einen VPN zurückgreifen, fühlen sich hier wohl, auch Kriminelle schätzen die vermeintliche Anonymität. Denn der Dienst wirbt gerne mit seiner „starken Verschlüsselung“. Die sei notwendig, um politische Aktivisten oder Journalisten bestens zu schützen. Bei Drogendealern, Raubkopierern und Rechtsextremisten ist Telegram aber mindestens genauso beliebt, anscheinend bietet der Messenger solchen Gruppen ein ideales Umfeld:
- Anonym: Im Gegensatz zu WhatsApp haben Telegram-Nutzer die Möglichkeit, ihre Handynummer zu verbergen und stattdessen eine „Benutzer-ID“ einzusetzen.
- Sichere Struktur: Gruppenchats sind zwar unverschlüsselt, dafür aber – zumindest optional – Privatnachrichten. Wie bei James Bond zerstören sich Nachrichten auf Wunsch nach einer gewissen Zeit zudem von selbst.
- Schwierige Nachverfolgung: Telegram arbeitet im Gegensatz zu WhatsApp nicht mit Strafverfolgungsbehörden zusammen. Es ist nicht einmal genau bekannt, wo sich die Server des Unternehmens befinden.
- Dateigrößen: Bei WhatsApp dürfen Dateien maximal 100 Megabyte groß sein, bei Telegram dagegen 1,5 Gigabyte. Genug für raubkopierte Filme und Serien.
Telegram-Messenger: Betäubungsmittel per App
Das größte Problem bei Telegram sind aber eindeutig Drogen. Das Angebot rund um Marihuana, Ecstasy und andere Betäubungsmittel ist gigantisch. Geliefert wird per Drogentaxi oder Fahrradkurier. Dealer und Konsumenten organisieren sich dazu in großen geschlossenen Gruppen, sogenannten Channels. Tausende Nutzer sind dabei – und fühlen sich offenbar unbeobachtet. Die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht spricht durch die zunehmende Nutzung von Smartphones als Deal-Plattform schon von einer „Uberisierung“ des Kokainhandels.
Telegram: Mit wenigen Klicks Drogen frei Haus
Entsprechende Gruppen zu finden, ist kinderleicht. Das funktioniert entweder über die interne Suchfunktion oder über einschlägige Internetseiten, die sich über Google aufspüren lassen. Ein paar Klicks reichen, und schon ist man drin. Innerhalb der jeweiligen Gruppen gibt es dann weitere Empfehlungen für dubiose Kanäle, das Angebot an Drogen, Raubkopien und geknackten Kontodaten scheint gigantisch. Dabei scheint es sich nicht um ein neues Phänomen zu handeln. Manch auf Drogenverkauf spezialisierte Gruppen existieren seit Jahren. Telegram selbst scheint das fragwürdige Treiben seiner Nutzer nicht zu stören. So schreibt das Unternehmen auf seiner Webseite: „Alle Telegram- und Gruppen-Chats sind die Privatsache der jeweiligen Nutzer und wir nehmen keine Anfragen dazu an, diese zu bearbeiten.“
Polizei überfordert
Dealer und Konsumenten sollten sich beim Telegram-Messenger aber nicht allzu sicher fühlen. Die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität versichert, über das illegale Treiben auf Telegram Bescheid zu wissen. In Berlin beschäftigt sich mittlerweile ein vollständiges Kommissariat mit Ermittlungen zu Dragentaxis. Auch die Polizei Bremen war tätig und machte kürzlich sieben Männer dingfest, die Drogen auf Bestellung lieferten. Ob das die Drogenhändler und anderen Kriminellen wirklich kratzt? Offenbar nicht. Das illegale Treiben geht zumindest munter weiter.